Warum spricht Jesus in Gleichnissen? (Markus 4,10-13)
1. Textabschnitt
10 Als die Zwölf und die anderen Jünger wieder mit Jesus allein waren, fragten sie ihn nach dem Sinn der Gleichnisse. 11 Er sagte: „Euch hat Gott das Geheimnis seines Reiches anvertraut; den Außenstehenden wird alles nur in Gleichnissen gegeben, 12 ,damit sie hinsehen und doch nichts erkennen, damit sie zuhören und trotzdem nichts verstehen, damit sie nicht etwa umkehren und ihnen vergeben wird.'“ 13 Dann fuhr er fort: „Ihr versteht das Gleichnis nicht? Wie wollt ihr dann die anderen alle verstehen?
2. Erläuterungen
In der vorherigen Lektion haben wir uns das erste „Himmelreichsgleichnis“ angesehen. (siehe hier!) Zwischen dem Bild: „Ein Bauer ging auf den Acker um zu säen“ (Vers 3) und der Deutung: „Der Bauer mit dem Saatgut sät das Wort“ (Vers 14) steht der Abschnitt, den wir heute anschauen. Hier erklärt Jesus, warum er überhaupt in Gleichnissen spricht.
In Kapitel 3 haben wir die Zuspitzung gesehen, die die Auseinandersetzung mit den Gesetzeslehrern brachte. Sie waren extra aus Jerusalem gekommen (Markus 3,22), um Jesus zu prüfen. Sie waren die autorisierten Theologen Israels; ihr Wort galt im Volk. Sie hatten mit Jesus über Heilungen und Sündenvergebung diskutiert. Dann beschuldigten sie ihn, dass er mit Beelzebub im Bunde sei, also von einer satanischen Macht geleitet werde. Diese Lästerung des Heiligen Geistes, der ja tatsächlich durch Jesus wirkte, brachte das Fass zu überlaufen.
Die Juden wollen Jesus nicht als den Messias annehmen. Hätten sie es getan, hätte das Friedensreich hier schon beginnen können. Jesus wendet sich von den ungläubigen Juden ab und wendet sich seinen Nachfolgern zu.
- „Wer Ohren hat und hören kann, der höre zu!“
Ich trage Hörgeräte. Ich bin sehr dankbar, dass es sie gibt. Ich habe zwar Ohren aber ohne Hörgeräte kann ich rein akustisch vieles nicht hören. Jesus unterscheidet offensichtlich zwischen „hören“ und „zuhören und verstehen“. Im Englischen wird der Unterschied deutlicher: „hear“ (akustisches Hören) und „listen“ (aufmerken, hinhören, zuhören). Jesus bittet um erhöhte Aufmerksamkeit.
Als die Jünger ihn dann nach dem Sinn der Gleichnisse fragen, macht er einen Unterschied zwischen seinen Jüngern und den Außenstehenden. Jünger sind die, die die Geheimnisse der Gleichnisse verstehen können. (Anfangs brauchen auch sie Nachhilfe!). Den Außenstehenden predigt Jesus die Gleichnisse zum „Gericht“. Sie hören zwar, aber sie verstehen nicht. Den Außenstehenden bleibt das Geheimnis des Reiches Gottes ein Geheimnis, das verborgen bleibt; den Jüngern aber ist es offenbar.
Jesus bezieht sich auf ein Gerichtswort des Propheten Jesaja:
9 Und er sprach zu mir: „Geh, und sage diesem Volk: / ‚Hört nur zu, ihr versteht ja doch nichts; / seht nur hin, ihr werdet trotzdem nichts erkennen!‘ 10 Verstocke das Herz dieses Volkes / und verstopfe seine Ohren! / Verkleb ihm die Augen, / damit es mit seinen Augen nicht sieht / und mit seinen Ohren nicht hört, / damit sein Herz nicht einsichtig wird, / sich nicht bekehrt und sich so Heilung verschafft!“ (Jes 6,9-10)
Wir sehen, dass die Gleichnisse vom Reich Gottes eine Botschaft für die Jünger Jesu enthalten. Sie müssen sie auch verstehen, denn mit ihnen will Jesus sein Reich bauen. Sie lernen dadurch die Prinzipien kennen, die im Reich Gottes gelten. Gleichzeitig verhüllen die Gleichnisse dem übrigen Volk die Botschaft. Sie waren nicht bereit, seinem Bußaufruf zu folgen. Dabei waren sie die ersten, die das Evangelium hören sollten:
11 Er kam in sein Eigentum, aber sein eigenes Volk nahm ihn nicht auf. 12 Doch denen, die ihn aufnahmen, verlieh er das Recht, Kinder Gottes zu sein. – Das sind die, die an seinen Namen glauben. – (Johannes 1,11-12)
Jesus hat also seine „Verkündigungsstrategie“ geändert. Die Jünger Jesu müssen sich offenbar auch erst daran gewöhnen, denn:
- „Ihr versteht das Gleichnis nicht? Wie wollt ihr dann die anderen alle verstehen?“ (Mk 4,13)
Während die Diskussionen mit den Gesetzeslehrern eher theologischer Natur waren, wie man z. B. mit dem Gesetz umzugehen habe, wechselt Jesus nun seine Methode. Dadurch entzieht sich Jesus den Pharisäern, die mit ihm theologisch streiten wollten.
Theologische Streitigkeiten haben selten Gutes hervor gebracht. Die Kirchengeschichte ist voll von tragischen Entwicklungen, die vielen Menschen das Leben gekostet haben. Aber auch heute sind in vielen Gemeinden die unterschiedlichen Erkenntnisse zu einem x-beliebigen Thema Grund für Streitigkeiten und Spaltungen. Jesus jedenfalls sieht darin nicht seine Hauptaufgabe, mit anderen zu streiten..
Zurück zu uns. Müssen unterschiedliche Erkenntnisse zu Streit und Spaltungen führen? In der Regel berufen sich alle auf die Schrift. Das ’sola scriptura‘ (allein die Schrift) ist kaum zu überhören. Jeder reklamiert für sich die Bibeltreue oder die Schriftkonformität.
Paulus schreibt:
9 Denn wir erkennen stückweise, und wir weissagen stückweise; 10 wenn aber das Vollkommene gekommen sein wird, so wird das, was stückweise ist, weggetan werden. (1Kor 13,9-10)
Das ist das Erste, was es zu bedenken gilt: Die vollkommene, umfassende Erkenntnis steht uns noch bevor, „…wenn aber das Vollkommene gekommen sein wird…“ Das Vollkommene ist zwar schon da (bei Gott), aber wir erkennen es nicht in der ganzen Fülle. Das auferlegt uns Demut statt Erkenntnisstolz.
Das Zweite ist, das geistliche Dinge nicht argumentativ-kognitiv überzeugen sondern durch das Wirken des Geistes Gottes.
Noch einmal Paulus:
Mein Wort und meine Predigt beruhten ja nicht auf der Überredungskunst menschlicher Weisheit, sondern auf der Beweisführung von Gottes Geist und Kraft. (1. Kor 2,4)
Im normalen Alltag, im Beruf, im Verein und bei Behörden braucht man einerseits gute Argumente, und dann die Fähigkeit, sie stichhaltig zu argumentieren. Man möchte sich durchsetzen, man möchte Recht haben, man meint, nur so könnte das Ziel wirklich erreicht werden oder ähnliches. Es ist durchaus lohnenswert, für eine Sache zu streiten.
In der Gemeinde Gottes gilt ein anderes Prinzip. Das scheinen viele nicht zu wissen oder ausgeblendet zu haben. Sie versuchen immer wieder die Wirkmechanismen der Welt in der Gemeinde einzusetzen, was zu den schmerzhaften Erfahrungen führt, die viele Gemeinden machen. Der Schlüssel zum rechten Verständnis der Schrift liegt in der Hand des Heiligen Geistes. Jeder Gläubige sollte vom Heiligen Geist geleitet sein, der „in alle Wahrheit leitet“ (Luth).
Wenn dann jedoch der Geist der Wahrheit gekommen ist, wird er euch zum vollen Verständnis der Wahrheit führen. Denn er wird nicht seine eigenen Anschauungen vertreten, sondern euch nur sagen, was er ‹von mir› hören wird, und euch verkünden, was dann geschieht. (Joh 16,13)
Da wird die Weisheit dieser Welt zur Torheit bei Gott. Bedauerlicher Weise erleben wir die Geistführung meist nicht, von der Paulus in 1 Kor 2,4 schrieb. Viel zu gerne gehen die Pferde mit uns durch und es gibt nur noch „Pro“ und „Kontra“, und das heißt: ich oder du.
Die vielen Gemeindekonflikte offenbaren geradezu, dass der Heilige Geist keinen Zugriff auf das Geschehen hat. Die Konflikte werden „im Fleisch“ ausgetragen und nicht im Geist. Da sind wir oft den Pharisäern und Schriftgelehrten gleich. Unser Verständnis ist das richtige und somit das maßgebende.
Und wer hat nun Recht? Viele Lehrfragen wären einfacher zu klären, wenn sie nicht demokratische Verfahren durchlaufen müssten. Mehrheit und Kompromiss als demokratische Instrumente gibt es in der Bibel nicht. Jesus der Meister – die Jünger, die ihm gehorchen. Für die Gemeinde gilt: Jesus der Herr – die Ältesten, die im Wort gegründet sind und dann durch den Geist leiten. Sie sind an das Wort gebunden und suchen im Gebet in aller Demut die Übereinstimmung mit dem Wort Gottes.
Gemeinde könnte so anders sein!
Zurück zu den Gleichnissen. Die einen hören und verstehen nicht. Den anderen ist es gegeben, Einsicht in die Geheimnisse des Wortes Gottes zu bekommen. Das ist heute immer noch so.
Viele Menschen erwarten von den Christen den wissenschaftlichen Beweis, den sie natürlich nicht erbringen können. Andere Menschen hingegen lesen das Wort Gottes und erkennen, weil der Geist Gottes es ihnen offenbart. Damit ist einmal mehr der Unterschied beschrieben, der zwischen dem Wort Gottes und jeder anderen profanen Literatur besteht.
3. Lesehinweis
Lies 1. Korintherbrief, Kapitel 2
4. Zusammenfassung
Jesus gebraucht Gleichnisse
- weil sie verständlich, alltagstauglich und erinnerbar sind
Er gebraucht in den Gleichnissen vom Reich Gottes Bilder aus dem Alltag der Menschen. Bilder und Szenen, die die Hörer gut nachvollziehen können. In den Gleichnissen redet er nicht mehr vom Gesetz (wie in der Bergpredigt) sondern von alltäglichen Dingen, von der Landwirtschaft, vom Backen, von einer Hochzeit, von einem Schatz im Acker, Fischfang u.a. Diese Bildsprache kann jeder verstehen.
Geschichten bleiben leichter im Gedächtnis haften als abstrakte Lehren. Durch die Verwendung von Gleichnissen können die Zuhörer die Lehren Jesu besser behalten und darüber nachdenken. - um Botschaften zu verschlüsseln
Gleichnisse enthalten oft tiefergehende Botschaften, die nicht sofort offensichtlich sind. Diese „Methode“ erlaubt es Jesus, seine Lehren vor denjenigen zu verbergen, die nicht offen für seine Botschaften sind (siehe oben), während diejenigen, die ernsthaft suchen und nachdenken, die tiefere Bedeutung erkennen können. Diese selektive Offenlegung ist mehr als ein Stilmittel. Jesus schließt die ungläubigen Juden von seiner Botschaft aus.
5. Gebet
Vater im Himmel,
dein Wort ist ein ewiges Wort, es ist ein göttliches Wort.
Mein Verstand kann es nur stückweise erfassen.
Bitte, erleuchte mir dein Wort durch deinen Geist,
damit ich es verstehen kann.
Dein Wort ist mir zu gewaltig.
Wie kann ich danach leben? Wie kann ich deine Gebote halten?
Ich finde in mir oft nicht einmal den Willen, es zu tun!?
Vater, komm du mir nahe in deinem Wort.
Lass mich deine Größe und Majestät spüren.
Lass mich Jesus sehen, der für mich gestorben ist.
Gib mir ein demütiges und williges Herz.
Ich will Jesus nachfolgen, wohin auch immer es gehen mag.
Amen
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Ein Kommentar zu “Warum spricht Jesus in Gleichnissen? (Markus 4,10-13)”
Lieber Werner. Danke für den Beitrag. Mir ist aufgefallen, dass ich beim unmittelbaren auftreten eines Ereignisses noch aus dem Fleisch reagiere.
Als ich meinen Steuerbescheid bekam und ein paar tausend Euro nachzahlen musste, war ich sehr aufgebracht und wütend. Erst am nächsten Morgen war ich wieder beruhigt und dankte Gott für die Gaben, die ich in dieser Welt habe.
Ein missgünstiger Nachbar hat mich dumm angemacht. Ich warf ihm einen bösen Blick zu. Später kam mir, dass er doch ein armer verlorener Mensch ist. Ich grüße ihn jetzt extra freundlich und anstatt Hass, tut er mir leid.