Markus 4,21-25
1. Textabschnitt
21 Er fuhr fort: „Holt man denn eine Lampe, um sie unter einen Kübel zu stellen oder unters Bett? Natürlich nicht! Man stellt sie auf einen passenden Ständer. 22 Denn es bleibt nichts verdeckt, alles kommt ans Licht. Was jetzt verborgen ist, wird öffentlich bekannt. 23 Wer Ohren hat und hören kann, der höre zu!“
24 Und weiter sagte er: „Passt auf, was ihr jetzt hört! Nach dem Maß, mit dem ihr messt, wird euch zugeteilt werden, und ihr werdet noch mehr bekommen. 25 Denn wer hat, dem wird gegeben, wer aber nicht hat, dem wird auch das genommen, was er hat.“
2. Erläuterungen
Während Jesus den Jüngern das Gleichnis vom Sämann genau auslegte, spricht er in diesem Abschnitt doch in Rätseln.
Können wir herausbekommen, wer oder was mit der Lampe gemeint ist? Was ist jetzt verdeckt und soll offenbar werden? Und was hat es mit dem Maß auf sich? Wir wollen versuchen, Licht in das Verborgene zu bringen.
Wir gehen mal der Reihe nach.
Vers 21: „Holt man denn eine Lampe, um sie unter einen Kübel zu stellen oder unters Bett? Natürlich nicht! Man stellt sie auf einen passenden Ständer.„
Wir kommen einen großen Schritt weiter, wenn wir die Parallelstelle im Matthäusevangelium zur Hilfe nehmen.
Matthäus 5,14 „Ihr seid das Licht der Welt. Eine Stadt, die auf einem Berg liegt, kann nicht verborgen bleiben. 15 Man zündet doch nicht eine Lampe an und stellt sie dann unter einen Kübel. Im Gegenteil: Man stellt sie auf den Lampenständer, damit sie allen im Haus Licht gibt. 16 So soll euer Licht vor den Menschen leuchten: Sie sollen eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.“
Jesus gebraucht hier zwei Bilder: Die Stadt auf dem Berg und die Lampe auf dem Lampenständer. Die Stadt auf dem Berg kann nicht übersehen werden, sie ist einfach nur da. Ihre Existenz ist nicht zu übersehen. Aber sonst geht von ihr nichts aus. Da oben ist eben diese Stadt. Egal was man mit ihr verbindet, sie ist bekannt. Vielleicht gibt es dort eine Sehenswürdigkeit oder sie ist der Wohnort uns bekannter Menschen.
Die Lampe auf dem Lampenständer hat eine Funktion: Sie bringt Licht ins Dunkel, sie leuchtet allen, die im Hause sind. Jesus erwägt auch die andere, eher unsinnige Möglichkeit. Man kann die Lampe auch unter einen Kübel oder unter das Bett stellen. Dann leuchtet sie niemandem. Unter dem Kübel wird sie mangels Sauerstoff ausgehen. Unter dem Bett könnte sie großen Schaden anrichten, denn zu Jesu Zeit waren es offene Flammen der Öllampen.
„So soll euer Licht vor den Menschen leuchten„. Das ist eine Aufgabe! Die Nachfolger Jesu sollen das Licht zur Geltung bringen. Was aber ist dieses Licht? Nach der Versuchung Jesu durch den Teufel (Matthäus 4,1-11) zog Jesus von Nazareth nach Kapernaum. Matthäus weist darauf hin, dass nun eine Prophetie von Jesaja (Jesaja 9,1-2) in Erfüllung geht:
14 So erfüllte sich, was durch den Propheten Jesaja vorausgesagt wurde: 15 „Du Land Sebulon und Naftali, / am See gelegen und jenseits des Jordan, / Galiläa der Völker: 16 Das Volk, das im Finstern lebte, / hat ein großes Licht gesehen. / Über denen, die im Land der Todesschatten wohnten, / ist Licht aufgegangen.“
Das Volk Israel wohnt in großer Finsternis, im Todesschatten, weil es seine Erlösung noch nicht kennt. Nun aber kommt ein großes Licht! Jesus, der von sich sagt:
Johannes 8,12 […] „Ich bin das Licht der Welt! Wer mir folgt, irrt nicht mehr in der Finsternis umher. Er wird dann das Licht des Lebens haben.“ (auch Johannes 12,46)
Paulus hat es so formuliert:
Kolosser 1,13 „Er hat uns errettet aus der Macht der Finsternis und hat uns versetzt in das Reich seines geliebten Sohnes.“ (Luther 2017)
Das Licht steht für das Reiches Gottes. Mit Jesu Kommen und seiner Verkündigung kommt das Himmelreich nahe! Die Nachfolger Jesu verkörpern dieses Reich. Sie sind erkennbar wie eine Stadt auf dem Berge. Mehr noch, sie leuchten den Menschen, damit auch sie das Licht sehen, Jesus erkennen. Die Gemeinde Gottes stahlt wie ein helles Licht für die Menschen dieser Welt. „Ihr seid das Licht der Welt.“
Was müssten die Menschen sehen, damit das Licht für sie anziehend und gleichzeitig überzeugend und einladend wäre? Wo und wie verkörpern die Christen dieses Licht? Gewiss nicht in unseren Gemeindehäusern, denn die Menschen draußen (in der Welt) sollen dieses Licht sehen.
Ich sehe zwei wesentliche Kennzeichen, die Jesus der Gemeinde zugedacht hatte: Die Liebe und die Einheit der Christen.
Johannes 13,35 „An eurer Liebe zueinander werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid.„
Jünger Jesu sind also an der Liebe zueinander erkennbar. Ihre Liebe leuchtet in eine lieblose und gottlose Welt.
Johannes 17,21 „Ich bete, dass sie alle eins sind, und zwar so wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, so sollen sie in uns eins sein. Dann wird die Welt glauben, dass du mich gesandt hast.“
Beides sind Botschaften für die Welt. Sie sollen von den Jüngern ausgehen. Die Welt kann dann „sehen“ und „glauben“. Beides sind aber keine individuellen Merkmale, sondern sie werden immer in Gemeinschaft sichtbar. Die Liebe wendet sich dem anderen zu. Die Einheit weist den anderen nicht ab.
Die Glaubwürdigkeit der Gemeinde hängt an der Liebe und an der Einheit. Das aber ist das aktuelle Problem oder gar die absolute Katastrophe der Christenheit heute. Wie viele Gemeinden sind zerstritten. Wie viele Pastoren quittieren ihren Dienst und machen etwas „Vernünftiges“, nachdem sie an der Last des Dienstes geradezu zerbrochen sind. In manchen Gemeinden ist niemand bereit, ein Ältestenamt zu übernehmen. Wie viele teils gehässige Beiträge im Internet diskreditieren Glaubensgeschwister, weil man ihnen die „rechte Erekenntnis“ abspricht. Ich erspare mir weitere Beispiele. Da wo Streit ist fehlt es an der Liebe, die sich wiederum in einer demütigen Haltung zeigen müsste.
Vers 22: „Denn es bleibt nichts verdeckt, alles kommt ans Licht. Was jetzt verborgen ist, wird öffentlich bekannt.„
Worauf soll man diesen Abschnitt deuten? Wir haben verstanden, dass wir sichtbar sein und leuchten sollen. Was aber ist verdeckt bzw. verborgen und soll ans Licht, an die Öffentlichkeit kommen? Hat Jesus etwa etwas verborgen?
Jesus hat nach Heilungswundern oft gesagt: „Pass auf, dass du niemand davon erzählst!“ sagte er zu dem Aussätzigen (Markus 1,44), bei der Heilung des Blinden (Matthäus 9,30) und bei der Auferweckung Talitas (Markus 5,43).
Als Jesus mit Petrus, Jakobus und Johannes auf dem Berg waren und dort Elia und Mose begegneten, schärfte Jesus den drei Jüngern ein, mit niemandem über das zu reden was sie gesehen hatten. Dies sollte gelten, bis „der Menschensohn von den Toten auferstanden sei.“ (Markus 9,9)
Das ist also der Schlüssel. Etwas sollte verborgen werden, bis zur Auferstehung Jesu. Hat Jesus darauf hinweisen wollen, dass jetzt noch etwas verborgen/verdeckt bleiben wird aber später doch offenbar wird? Die Wunder Jesu und die Erscheinung auf dem Berg belegten sehr beeindruckend seine Gottessohnschaft. Wenn die Fülle der Wunder die Pharisäer überzeugt hätten und sie ihn zum König gemacht hätten, wäre die Mission Jesu, für die Sünden der Menschen zu sterben u.U. vereitelt wworden. So paradox es klingen mag: Das Sterben Jesu war ein unverzichtbarer Teil seiner Mission. Erst dann, nach seiner Auferstehung sollte diese Botschaft in die ganze Welt hinausgetragen werden. Ob Jesus das gemeint hat? Möglich ist es.
Vers 23: „Wer Ohren hat und hören kann, der höre zu!“
Wenn wir Christen unser Licht unter den Kübel stellen, dann ist es nicht nur nicht zu sehen; es wird auch erlöschen. Eingerahmt von Kirchenmauern ist das Zeugnis der Christenheit wenig sichtbar. Man kann auch sagen, es ist erloschen. Die Welt bekommt nichts mit von der Liebe und der Einheit. Aber gerade dieses Zeugnis wäre einladend und glaubwürdig.
Nun ist aber genau das Gegenteil eingetreten. Die Liebe unter Christen ist spärlich. Die Zerteilung des Leibes Christi in unzählige religiöse Parteien, die sich Gemeinden nennen, belegt genau das Gegenteil von Einheit. Wir sollen genau hinhören, was Jesus sagte. Wir sollten verstehen, was er meinte. Unsere Berufung ist es doch, Licht auf dem Lampenständer zu sein! Nun ist es unter dem Kübel fast gänzlich verloschen.
Die Menschen sollen unsere guten Werke sehen. Die ersten Christen fanden Wohlgefallen beim Volk, weil sie ein autenthisches und von der Liebe geprägtes Leben miteinander teilten. Paulus hat die Gemeinden immer wieder ermahnt, es nicht an der Liebe fehlen zu lassen. Wo ist diese Liebe, die doch in unsere Herzen ausgegossen sein sollte (Römer 5,5)?
Vers 24 und 25: Und weiter sagte er: „Passt auf, was ihr jetzt hört! Nach dem Maß, mit dem ihr messt, wird euch zugeteilt werden, und ihr werdet noch mehr bekommen. 25 Denn wer hat, dem wird gegeben, wer aber nicht hat, dem wird auch das genommen, was er hat.“
Auch hier fordert Jesus erhöhte Aufmerksamkeit: „Passt auf…!“ Kann man es so verstehen: Mit dem Maß, mit dem ihr euer Licht leuchten lasst, werdet ihr noch mehr Licht bekommen. Gott wird vermehren, was ihr ausstreut. Je großzügiger wir von der Liebe Jesu weitergeben, umso mehr wird Gott uns zum Verteilen geben? Je mehr wir uns um die Einheit des Leibes Christi bemühen, umso mehr wird Gott die Einheit der Gemeinde fördern?
Ist es dieses geistliche Prinzip, das wir hier heraushören müssen? Es ist eine Schlüsselstelle für die Gemeinde Jesu.Es ist zugleich auch das Dilemma: Die Gemeinde hat ihr Zeugnis verloren. Irrtümlicher Weise haben sich die Theologen auf die „richtige“ Erkenntnis fokusiert, von der wir wissen, dass sie Stückwerk ist. Ja, wir sollen uns um Erkenntnis bemühen. Wir sollen Gott erkennen und seine Absichten. Streit und Spaltungen hingegen soll es in der Gemeinde Jesu nicht geben.
3. Lesehinweise
Die anvertrauten Talente in Matthäus 25,14-30
4. Zusammenfassung
Die Nachfolger Jesu sollen das Licht sein, das in dieser Welt scheint. Eine Einladung, zu Gott zu kommen. Das Reich Gottes wird sichtbar durch die Gemeinde, wenn sie sich auch wirklich als Licht für die Welt versteht und entsprechend lebt.
Die Zersplitterung der einen Gemeinde Jesu in unzählige religiöse Neigungsgruppen, die ihre eigenen Schwerpunkte und Ziele verfolgen und sich andere Geschwister durch exklusive Lehren vom Leibe halten ist eine Schande für das Reich Gottes.
Jesus hat seinen Dienst mit dem Ruf zur Umkehr begonnen. Wir sollten genau hinhören, denn er gilt auch uns heute. Die Welt braucht die Liebe Gottes, die von Nachfolgern Jesu gelebt und verschenkt wird. Die Welt braucht eine Vorstellung davon, wie Menschen in Einheit miteinander leben und bezeugen: Dieser Jesus ist von Gott gesandt (… damit die Welt glaubt!) Es gibt Licht in der Finsternis!
5. Gebet
Vater im Himmel,
wir sehen eine zerschundene Christenheit,
die durch diese Welt taumelt
und ihre Identität verloren hat.
Wir sind ein Teil davon.
Bitte, öffne unsere Ohren,
damit wir deinen Ruf zur Umkehr neu hören
und uns nicht zufrieden geben.
Erleuchte unsere Herzen
wo sie hart und unwillig geworden sind.
Hilf uns durch deinen Geist
in einem neuen Leben zu wandeln,
das dich verherrlicht.
Beschenke uns neu mit deiner Liebe.
Amen
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Ein Kommentar zu “Markus 4,21-25”
AMEN !!